2010

Intensiv, mit größter Konzentration

„Dannenberger Frühling: Bravo-Rufe für die Pianistin Shin-Heae Kang – Zu einem wirklichen Höhepunkt des vom Dannenberger Kulturring veranstalteten Festivals Dannenberger Frühling geriet der Auftritt der erst 23-jähringen und in Kiel geborenen Pianistin Shin Heae Kang. Shin-Heae bedeutet „Heiliger Berg“ – und es mag wohl Zufall sein, dass sich das Konzert um einen heiligen Berg der Klavierliteratur gruppierte: Klaviersonate h-moll von Liszt.

Den Auftakt des beeindruckenden Konzerts bildete die Sonate in E-Dur K. 380 von D. Scarlatti. Dieses Stück war damit fein abgestimmt auf die folgende Sonate h-moll. Franz Liszt schrieb diese, seine einzige Sonate im Jahr 1885 und verschmolz darin die vier Hauptteile zusätzlich mit dem viersätzigen Sonatenzyklus zu einer unauflöslichen Einheit. Die dem Werk zugrunde gelegten fünf thematischen Gestalten wurden auseinander entwickelt und aufeinander bezogen. Das Erlösungsdrama einer leidenschaftlichen Seele, vom vorangestellten düsteren Motto bis hin zu den entrückt entschwebenden Schlussakkorden gestaltete Kang intensiv und mit größter Konzentration. Unaufdringlich kraftvoll und stets mit der notwendigen Leichtigkeit erklomm sie brillant diesen Gipfel der Klaviermusik. Bravo-Rufe und anhaltender Beifall belohnten die ausgezeichnete Darbietung.

Den Abschluss des ersten Teils bildeten drei Lieder von Franz Schubertt (Transkriptionen: Gretchen am Spinnrade, Auf dem Wasser zu singen, Erlkönig), ebenfalls bearbeitet von Liszt. Auch diese vertonten Gedichte von Goethe und von Stollberg-Stollberg präsentierte die junge Pianistin meisterhaft und werkgetreu. Gefühlvoll und sehr exakt und mit viel Ausdruck setzte Kang damit noch ein Ausrufezeichen vor der wohlverdienten Pause.

Im zweiten Teil des mehr als zweieinhalbstündigen Konzerts hörten die Besucher im ausverkauften Ohmschen Haus passend zum Chopin-Jahr, begeisternde 12 Grandes Etudes op. 25 und 12 Grandes Etudes op. 10. Kang, die schon in der Berliner Philharmonie, der Laeiszhalle Hamburg, im Wieder Saal Salzburg und anderen hochkarätigen Konzertsälen Europas gespielt hat, beeindruckte auch durch ihr sehr bescheidenes und zurückhaltendes Auftreten.

Ohne Kompromisse steht bei ihr das Werk im Vordergrund. Sie spielt zunächst für die Musik und erst in zweiter Linie für das Auditorium. „Ich mag Herausforderungen“, ist ihre schlichte Antwort auf die Frage nach der Motivation zur Erarbeitung eines schweren neuen Stückes. Langer und heftiger Applaus und eine herrliche Zugabe Liebeslied von R. Schumann (Liszt) – beendete einen anspruchsvollen Konzertabend und belohnte sie für die bewältigte Herausforderung.“

NIEDERSÄCHSISCHES TAGEBLATT – ELBE-JEETZEL-ZEITUNG